Inland

„Freiwildkultur“: So reagiert Franziska Giffey auf den Angriff gegen sie

Am Dienstag wurden erneut Politiker*innen angegriffen. Eine von ihnen ist die Berliner Wirtschaftssenatorin und SPD-Vorsitzende Franziska Giffey, die leicht verletzt wurde. In einem sehr persönlichen Statement reagierte sie auf die Attacke.

von Kai Doering · 8. Mai 2024
Kritisiert eine zunehmende „Freiwildkultur“ gegenüber Politiker*innen: SÜD-Politikerin Franziska Giffey.

Kritisiert eine zunehmende „Freiwildkultur“ gegenüber Politiker*innen: SÜD-Politikerin Franziska Giffey.

Es geschah in einer öffentlichen Bücherei im Neuköllner Ortsteil Rudow. Am Dienstagnachmittag stellte hier gerade die Leiterin der Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey das Bibliotheksprogramm vor, als die Politikerin „plötzlich von hinten einen harten Schlag an Kopf und Nacken“ spürte. Ein Mann hatte sie mit einem Beutel, gefüllt mit hartem Inhalt, attackiert. So beschreibt es Giffey u.a. auf ihrer Facebook-Seite. Sie begab sich kurzzeitig zur Behandlung in ein Krankenhaus, konnte dieses aber schnell wieder verlassen.

Giffey: Müssen uns als Gesellschaft entschieden entgegenstellen

Ebenfalls am Dienstag wurden in Dresden zwei Politiker*innen der Grünen angegriffen. Yvonne Mosler und Cornelius Sternkopf, Kandidat*innen für die Stadtratswahl, wurden beim Aufhängen von Wahlplakaten bedroht und bespuckt. Bereits hängende Plakate wurden abgerissen. Da beide von einem Kamerateam begleitet wurden, wurde der Angriff in einem Video dokumentiert. Die Attacke weckt Erinnerungen an den Angriff auf Matthias Ecke. Der SPD-Europaabgeordnete war am Freitagabend in Dresden derart zusammengeschlagen worden, dass er Knochenbrüche im Gesicht erlitt und operiert werden musste. Der Angriff hatte bundesweit für Entsetzen und eine Diskussion über den Schutz von Politiker*innen gesorgt.

In dem Statement auf ihrer Facebook-Seite kritisiert Franziska Giffey eine sich verstärkende „Freiwildkultur“ gegenüber Menschen, die sich politisch engagieren. „Wir leben in einem freien und demokratischen Land, in dem jede und jeder seine Meinung frei äußern darf und kann. Und dennoch gibt es eine klare Grenze. Und das ist Gewalt gegen Menschen, die eine andere Auffassung vertreten, aus welchen Gründen auch immer, in welcher Form auch immer“, schreibt Giffey. Die Angriffe seien „durch nichts zu rechtfertigen“ und „eine Grenzüberschreitung, der wir uns als Gesellschaft entschieden entgegenstellen müssen“.

Kühnert: „Demokratie ist Herdenschutz“

Giffey appelliert deshalb an die Gesellschaft, „dass wir alle mehr auf den Umgang miteinander achten, dass Respekt und Wertschätzung wieder mehr Wert bekommen und dass wir uns gemeinsam für Dialog, gute Kompromisse und die Vielfalt der unterschiedlichen Sichtweisen auf die Welt stark machen“. Politiker*innen hätten „Respekt und einen gewaltfreien Umgang verdient“, so die SPD-Politikerin.

Auch Kevin Kühnert nimmt die Gesellschaft in die Pflicht, Übergriffe wie die der vergangenen Tage nicht zuzulassen. „Die adäquate Forderung ist nicht mehr Polizeischutz“, sagte der SPD-Generalsekretär in einem Statement am Mittwoch in Berlin. Es müsse darum gehen, das gesellschaftliche Klima zu verändern. „Demokratie ist Herdenschutz“, so Kühnert. Dieser sei umso größer, je mehr Menschen sich beteiligten.

Innenminister*innen wollen das Strafrecht verschärfen

Die Innenminister*innen der Länder sprechen sich unterdessen für eine Verschärfung des Strafrechts aus. Die bestehende Gesetzeslage bilde die Bedrohung für Amts- und Mandatsträger sowie für Ehrenamtliche „nicht mehr hinreichend ab“, sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), nach einem digitalen Austausch mit seinen Amtskolleg*innen am Dienstagabend.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will nun zügig mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) über eine Erweiterung des Strafgesetzbuchs beraten. Dabei soll es vor allem um die Straftatbestände Körperverletzung und Nötigung gehen. Ziel sei es, „ein ganz deutliches Stopp-Signal“ an mögliche Gewalt-Täter*innen zu senden, so Faeser.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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