Kultur

Warum künstlerische Arbeit der Geslleschaft mehr wert sein sollte

Künstler*innen arbeiten meist unter prekären Bedingungen. Wie sich das ändern kann, darüber diskutierte am Donnerstag der Vorsitzende des SPD-Kulturforums Carsten Brosda – und betonte den Wert der Kunst für die Demokratie.
von · 6. Oktober 2023
Vorführung an der Deutschen Oper in Berlin: Künstler*innen arbeiten häufig unter prekären Bedingungen.
Vorführung an der Deutschen Oper in Berlin: Künstler*innen arbeiten häufig unter prekären Bedingungen.

Welchen gesellschaftlichen Wert hat künstlerische Arbeit? Und wie kann kreative Erwerbsarbeit so unterstützt und gefördert werden, damit Künstler*innen und Kreative davon gut leben können? Darüber diskutierte Moderatorin und Künstlerin Fatima Çalışkan Donnerstagabend im Berliner TAK Theater Aufbau Kreuzberg mit Lisa Basten, Leiterin der Forschungsstelle „Arbeit der Zukunft“ bei der Hans-Böckler-Stiftung, und Carsten Brosda, Hamburger Senator für Kultur und Medien und Vorsitzender des SPD-Kulturforums. Eingeladen hatte die Friedrich-Ebert-Stiftung.

Knackpunkt Altersvorsorge

Im Fokus des Gesprächs standen zunächst hybride Arbeitsmodelle: Modelle also, die auf einem Wechsel zwischen selbstständiger und abhängiger Beschäftigung basieren, und in der Kultur- und Kreativwirtschaft schon lange die Regel sind. Das führt zu Chancen und Freiheit, aber auch zu Herausforderungen – für die Kreativen und für die Sozialversicherungssysteme. Carsten Brosda erklärte, im Sozialstaat ergebe sich eine Lücke dadurch, dass künstlerische Arbeit oft freiberuflich sei und Einkommensausfälle meistens nicht abgebildet werden könnten. Sollte auch in diesen Fällen die Sozialversicherung greifen? Basten und Brosda sehen das skeptisch. „Das Sozialversicherungssystem kann in Phasen, in denen Künstlerinnen und Künstler kein Geld verdienen, gar nicht immer einspringen, denn das würde das System sprengen“, so Basten. Künstler*innen hätten aber genau diesen Anspruch. Ein großer Knackpunkt ist für Basden die Altersvorsorge: Das Problem sei nicht die hybride Arbeit an sich – sondern, dass Künstler*innen in den meisten Fällen zu wenig Geld verdienten, nicht vorsorgen könnten und so von Altersarmut bedroht seien.

Das alles klang stellenweise etwas düster – doch Basten und Brosda betonten auch, dass es Erfolgsgeschichten wie die Künstlersozialkasse gebe sowie einige Vorschläge, wie Künstler*innen besser und zielgerichteter unterstützt werden können. Allen voran die Reform der Arbeitsversicherung. Brosda sagte: „Wir stehen an einer Weggabelung. Es gibt konkrete Pläne, ein neues Sicherungssystem für Künstler und Kreative aufzubauen und in der Koalition waren zwei von drei Parteien dazu bereit. Doch die FDP stemmt sich gegen den Plan.“ Für Basten braucht es gar nicht unbedingt ein eigenes Sicherungssystem für künstlerisch tätige Menschen. Sie wünscht sich mehr Allianzen zwischen Menschen, die in verschiedenen Branchen hybrid arbeiten. Es gehe darum, Banden zu bilden und gemeinsam zu handeln. „Hier liegt großes Potenzial“, sagte Basden.

Die Gefahr von rechts

Eine wichtige Frage kam gegen Ende des Gesprächs auf: die nach der Rolle von Kunst und Kultur für die Demokratie – eine Demokratie, die von rechts bedroht ist. Basden warnte eindringlich von den politischen Auswirkungen auch für die Kunst, sollte die AfD lokal und regional in mehr Regierungsverantwortung kommen: „Dann haben wir nur noch genehme Kultur und die ist das Gegenteil von Freiheit, von kultureller Auseinandersetzung.“ Brosda zufolge müsse die Gesellschaft erkennen, welchen Wert die Künste haben und sich ehrlich fragen, was sie zu tun bereit ist, um die Orte, an denen gesellschaftlicher Austausch stattfindet, zu schützen und zu stärken: „Die Frage ist doch, ob wir als Gesellschaft die Verantwortung übernehmen.“ Dass die Gesellschaft diese Verantwortung übernehmen sollte, steht für Brosda fest. Kunst, so der Politiker, könne „ein Bewusstsein dafür geben, dass die Welt veränderbar ist. Und da steckt Demokratiepotenzial drin.“

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