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Zur Wahl von Bärbel Bas: Sozialdemokratin mit großer Biographie

Zum ersten Mal nach der Wahl im September kamen am Dienstag die gewählten Abgeordneten des 20. Bundestages zusammen. SPD-Gesundheitspolitikerin Bärbel Bas wurde mit Mehrheit zur Bundestagspräsidentin gewählt. Was sie außergewöhnlich macht.
von Vera Rosigkeit · 26. Oktober 2021

Die SPD-Politikerin Bärbel Bas ist neue Bundestagspräsidentin. Nominiert hatte sie am vergangenen Mittwoch der geschäftsführende Vorstand der SPD-Bundestagsfraktion und folgte damit dem Vorschlag des amtierenden Fraktionschefs Rolf Mützenich. Er sei der festen Überzeugung, dass mit Bärbel Bas eine „Sozialdemokratin mit einer großen Biographie eine gute Wahl für den Bundestag und für das zweithöchste Staatsamt auch für die Bundesrepublik Deutschland ist“, betonte er.

Außergewöhnliche berufliche Laufbahn

Tatsächlich kann die Duisburgerin Bärbel Bas eine für Bundestagsabgeordnete außergewöhnliche berufliche Laufbahn zurückblicken, denn ihren Einstieg ins Arbeitsleben beginnt sie mit einer Ausbildung als Bürogehilfin. Sie folgt damit dem Rat ihres Vaters, weil sie nach 80 Bewerbungen und Absagen keinen Ausbildungsplatz in ihrem damaligen Wunschberuf als technische Zeichnerin gefunden hatte.

Bereits während ihrer Ausbildung bei der Duisburger Verkehrsgesellschaft AG (DVG) engagiert sie sich als Jugend- und Auszubildendenvertreterin und ist lange Jahre Mitglied des Betriebsrates und Arbeitnehmervertreterin im Aufsichtsrat der DVG. Nach einem Wechsel von der Personalabteilung in die Betriebskrankenkasse der DVG BKK absolviert sie eine weitere Ausbildung zur Sozialversicherungsfachangestellte, der eine berufsbegleitende Weiterbildung zur Krankenkassenbetriebswirtin folgt. Sie wird stellvertretender Vorstand der BKK und studiert an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Essen. Als Personalmanagement-Ökonomin übernimmt Bas 2007 die Leitung der Abteilung Personalservice.

Betriebratsarbeit bringt sie zur SPD

Es ist ihre aktive Arbeit als Betriebsrätin, die die heute 53-Jährige zur SPD bringt. „Durch die aktive Arbeitnehmerpolitik und viele Aktionen gegen die damalige Kohlregierung bin ich im Oktober 1988 Mitglied der SPD geworden“, schreibt sie über sich. Dem Bundestag gehört sie seit 2009 an und wurde in ihrem Wahlkreis Duisburg I immer direkt gewählt, zuletzt bei den Wahlen im September mit mehr als 40 Prozent der Erststimmen. Seit 2011 ist sie Mitglied im Fraktionsvorstand, war Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion und ist seit 2019 deren stellvertretende Vorsitzende, zuständig für Gesundheit.

Als ihre zwei wichtigsten Ziele für ihren Wahlkreis Duisburg nennt Bärbel Bas gute Arbeitsplätze in einer Industrie, die beispielsweise mit Wasserstoff klimaneutral Stahl produziert und eine gute Gesundheitsversorgung in allen Stadtteilen. Danach kommt für sie gleich eine gute Bildung für alle. Denn die gebürtige Duisburgerin möchte nicht nur von Gerechtigkeit sprechen, sondern auch für Gerechtigkeit kämpfen, heißt es über ihre Person. „Chancengerechtigkeit für alle Kinder schaffen, Gute Arbeit anpacken und vor allem die Sicherung unseres Sozialstaates durch eine solidarische Bürgerversicherung im Gesundheitsbereich, sichere Renten und ein Duisburg ohne Angst vor Armut.“

Dritte Bundestagspräsidentin in der Geschichte

Zu ihren Top five gehören neben den Büchern von Stieg Larsson und der Musik von Sting der MSV Duisburg (Frauenfußball). Bas ist u.a. Mitglied im Stiftungsrat der Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ und im Aufsichtsrat der Hüttenwerke Krupp Mannesmann GmbH (HKM) für die Arbeitnehmer*innenseite.

Mit ihrer Wahl ist nach Annemarie Renger (1972 bis 1976, SPD) und Rita Süßmuth (1988 bis 1998, CDU) zum dritten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik eine Frau Bundestagspräsidentin geworden.

Mit Aydan Özoğuz ist am Dienstag eine weitere SPD-Frau zur Bundestagsvizepräsidentin gewählt worden. Auch sie wurde vergangenen Mitttwoch vom Fraktionsvorstand der SPD nominiert. Ebenfalls seit 2009 Mitglied im Deutschen Bundestag, gehörte Aydan Özoğuz zuvor der Hamburgischen Bürgerschaft an. Von 2011 bis 2017 war sie eine der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der SPD und von 2013 bis 2018 Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. 1967 als Kind türkischer Kaufleute in der Finkenau in Hamburg geboren, studiert Özoğuz Anglistik und nimmt 1989 die deutsche Staatsangehörigkeit an. 15 Jahre lang koordiniert sie für die Körber-Stiftung in Hamburg Integrationsprojekte. Auch Özoğuz gewann bei der Wahl im September ihren Wahlkreis in Hamburg-Wandsbek direkt mit mehr als 38 Prozent der Erststimmen.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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