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Saarland: Wie Anke Rehlinger mit absoluter Mehrheit regieren will

Seit Montag regiert Ministerpräsidentin Anke Rehlinger mit absoluter Mehrheit im Saarland. In ihrer ersten Regierungserklärung skizziert sie drei Herausforderungen auf dem Weg zur „Unabhängigkeitserklärung“.
von Jonas Jordan · 26. April 2022
Schornsteinfeger bringen Glück: Ministerpräsidentin Anke Rehlinger am Tag ihrer ersten Regierungserklärung.
Schornsteinfeger bringen Glück: Ministerpräsidentin Anke Rehlinger am Tag ihrer ersten Regierungserklärung.

Das gab es schon lange nicht mehr! Seit Montag ist Anke Rehlinger als Ministerpräsidentin des Saarlandees im Amt. Bundesweit ist die Sozialdemokratin die einzige Regierungschefin, die sich auf eine absolute Mehrheit ihrer Partei im Parlament stützen kann. Dies hebt Rehlinger am Dienstagvormittag in ihrer ersten Regierungserklärung hervor und macht zugleich klar: „Das bedeutet für die SPD als Partei, für die Fraktion, für meine Regierung und mich persönlich eine große Verantwortung. Ich stelle mich dieser Verantwortung, mit Demut, Zuversicht und meiner ganzen Kraft.“

Rehlinger: „Wer bei mir Führung bestellt, bekommt auch Beteiligung.“

Wer bei ihr Führung bestelle, werde jedoch auch Beteiligung bekommen, sagt Rehlinger. Denn eine Alleinregierung müsse keine einsamen Entscheidungen treffen, und das werde sie im Saarland auch nicht. Die Ministerpräsidentin sagt: „Wir werden auch zuhören, wenn innerhalb oder außerhalb des Parlaments bessere Argumente vorgetragen werden.“ Sie formuliert daher eine Bitte an die gesellschaftlich relevanten Akteur*innen in- und außerhalb des Landtages: „Bleiben Sie ansprechbar und überzeugbar! Wir bleiben es auch.“

In ihrer Regierungserklärung skizziert Rehlinger drei große Herausforderungen, die das Saarland in den kommenden Jahren zu bewältigen habe. Als zentrale Herausforderung führt sie den Strukturwandel an. Schon im Wahlkampf hatte sie offensiv das Ziel proklamiert, für 400.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze im Saarland sorgen zu wollen. Am Dienstag erneuert Rehlinger dieses Vorhaben. Die Strategie dafür soll von ihr als Ministerpräsidentin durch eine Stabsstelle Strukturwandel in der Staatskanzlei federführend koordiniert werden. Rehlinger verspricht: „Durch klare konkrete Ziele wird Regierungshandeln nachvollziehbar. Ich bin zuversichtlich, dass der Strukturwandel dadurch gelingen kann.“

Rückkehr zu G9 und kostenlose Kitas

Ein weiterer Schwerpunkt soll die Bildungspolitik sein, die weiterhin von Christine Streichert-Clivot als zuständiger Ministerin verantwortet wird. „Wir wollen den Aufstieg des Saarlandes im Bildungsranking fortsetzen und deutschlandweit um die Spitze mitkämpfen“, sagt Rehlinger. Denn Bildung sei der Schlüssel zum Erfolg des Saarlandes und müsse daher kostenfrei sein, von der Kita bis zum Master oder Meister. Daher sollen die Kitabeiträge im Saarland abgeschafft werden.

Zudem wollen die Sozialdemokrat*innen wie versprochen zu G9 an Gymnasien zurückkehren, möglichst schon ab dem kommenden Schuljahr. Künftig sollen alle Schüler*innen ein Tablet im Schulranzen haben und auf schnelles Internet in ihren Schulen zugreifen können. Informatik soll ab dem Schuljahr 2023/24 ein Pflichtfach werden. Um den Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung für Kinder im Grundschulalter ab dem Jahr 2026 gewährleisten zu können, sollen 6.800 Betreuungsplätze geschaffen werden.

Windkraft als Freiheitskampf

Essentiell ist für die neue Ministerpräsidentin des Saarlandes auch der Kampf gegen den Klimawandel. „Gelingt es nicht, den Klimawandel in einem erträglichen Rahmen zu halten, brauchen wir über Zusammenhalt und Zuversicht nicht mehr zu reden“, macht Rehlinger deutlich. Ein wichtiger Schlüssel dafür sei der schnelle und massive Ausbau der Erneuerbaren Energien. Sie verspricht, zwei Prozent der Landesfläche für Windkraftanlagen nutzen und die Photovoltaik auf Landesgebäuden deutlich ausbauen zu wollen.

Der Ausbau ist für die Sozialdemokratin auch eine wirtschaftspolitische Notwendigkeit. Denn ohne grüne Energie könne es keinen grünen Stahl geben. Zugleich diene das Vorhaben der Unabhängigkeit von Energieimporten aus dem Ausland, insbesondere aus Russland. Insofern sei der Ausbau der Erneuerbaren Energien ein Freiheitskampf und eine Unabhängigkeitserklärung, sagt Rehlinger.

Stolz auf das Saarland sein

Darüber hinaus kündigt die Ministerpräsidentin ein 365-Euro-Ticket für junge Menschen im öffentlichen Nahverkehr und ein Klimaschutzgesetz mit verbindlichen Zielen an. Das Saarland soll das erste Fair-Trade-Bundesland werden. Nicht nur deshalb ruft Rehlinger die Saarländer*innen zu mehr Selbstbewusstsein auf: „Ich will, dass die Saarländerinnen und Saarländer stolz sind auf unser Bundesland und das, was wir erreichen.“

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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